Nachsitzen für den silbrigen Sternsplitter
Die Astro-AG ist der Fixstern im Schulalltag der Liebigschule. Seit 1972 leitet der Diplom-Physiker und Astronom Werner Ziegs die Gruppe, die sich an jedem Montagabend in der schuleigenen Sternwarte trifft.
Romantiker aller Länder, ihr irrt euch, und das schon seit Jahrtausenden. "Der Vollmond ist kein geeignetes Betrachtungsobjekt - zu wenig Konturen", meint Werner Ziegs und läßt das Fernglas sinken. Langsam sinkt auch die Dämmerung herab, noch glüht der Höhenzug des Taunus im Abendrot, während zwischen den Hochhaustürmen der City der bleiche Mond aufgeht. Für die acht Mitglieder der Astro-AG, die sich auf dem Dach der Schul-Bibliothek in Westhausen versammelt haben, verheißt sein silbriges Leuchten nichts Gutes: "Viel zu hell", murren sie und suchen am Himmel vergeblich nach dem ersehnten Zeichen. Doch das wird sich wohl erst in dunkler Nacht offenbaren. So bleibt den Schülern auch an diesem Abend das Nachsitzen nicht erspart: Warten auf Hale-Bopp.
Dem Kometen auf der Spur Seit Wochen sind sie dem sagenhaften Kometen auf der Spur. Auf etlichen Fotos haben sie die Himmelserscheinung bereits gebannt - "schließlich sieht man so etwas ja nur alle paar tausend Jahre." Ausgiebig haben sie über seinen Staubschweif diskutiert, das blaue Leuchten seines zweiten Schweifs aus Gasmolekühlen analysiert und rätseln jetzt, ob der neu endeckte, dritte Strahl, den der Komet hinter sich herzieht, tatsächlich aus Natrium besteht, wie kluge Forscher meinen. Denn bevor am Nachthimmel die Sterne zu blinken anfangen, hockt die Gruppe an jedem Montagabend zunächst im Keller der Bibliothek, einem für Astronomen ungewöhnlichen Versammlungsort - grau ist alle Theorie. Oder? "Wer hier einmal Fuß gefaßt hat, der bleibt", schwärmt Christoph (17), der inzwischen ein Bad Homburger Gymnasium besucht und trotzdem weiterhin regelmäßig zu den Treffen nach Hausen kommt.
Mit 14 Jahren ist Andreas Lorbach das jüngste Mitglied. Aber auch nach dem Abitur halten viele Liebigschüler der Astro-AG Gruppe die Treue. Und Leiter Werner Ziegs schaffte es, obwohl er jahrelang beruflich zwischen Moskau, Oslo und den USA hin- und herjettete, kaum einen der Montagabende ausfallen zu lassen. "Was diese jungen Leute von vielen ihrer Mitschüler unterscheidet, ist ihre Begeisterung und ihr freiwilliges Engagement, mehr zu tun, als immer nur die Pflichtübungen zu erfüllen", sagt Ziegs. Ein lautes Rufen vom Dach: "Er ist da!", und die Gruppe stürmt nach oben. Das Teleskop wird ausgefahren, das Fernglas justiert, mancher schaut auch mit bloßem Auge in den Himmel. Drei Wochen lang, schätzen die Hobby-Astronomen, wird der Komet noch am Frankfurter Himmel zu sehen sein. "Und wir waren dabei", sagen die Schüler stolz. Auch wenn für sie Halo-Bopp nichts anderes als eine Gaswolke, ein Sternensplitter ist und keine schicksalsweisende Himmelsmacht, leuchten ihre Augen dabei auf, als offenbare ihnen der Nachthimmel ein helleuchtendes Wunder.
Romantiker aller Länder, ihr irrt euch, und das schon seit Jahrtausenden. "Der Vollmond ist kein geeignetes Betrachtungsobjekt - zu wenig Konturen", meint Werner Ziegs und läßt das Fernglas sinken. Langsam sinkt auch die Dämmerung herab, noch glüht der Höhenzug des Taunus im Abendrot, während zwischen den Hochhaustürmen der City der bleiche Mond aufgeht. Für die acht Mitglieder der Astro-AG, die sich auf dem Dach der Schul-Bibliothek in Westhausen versammelt haben, verheißt sein silbriges Leuchten nichts Gutes: "Viel zu hell", murren sie und suchen am Himmel vergeblich nach dem ersehnten Zeichen. Doch das wird sich wohl erst in dunkler Nacht offenbaren. So bleibt den Schülern auch an diesem Abend das Nachsitzen nicht erspart: Warten auf Hale-Bopp.
Dem Kometen auf der Spur Seit Wochen sind sie dem sagenhaften Kometen auf der Spur. Auf etlichen Fotos haben sie die Himmelserscheinung bereits gebannt - "schließlich sieht man so etwas ja nur alle paar tausend Jahre." Ausgiebig haben sie über seinen Staubschweif diskutiert, das blaue Leuchten seines zweiten Schweifs aus Gasmolekühlen analysiert und rätseln jetzt, ob der neu endeckte, dritte Strahl, den der Komet hinter sich herzieht, tatsächlich aus Natrium besteht, wie kluge Forscher meinen. Denn bevor am Nachthimmel die Sterne zu blinken anfangen, hockt die Gruppe an jedem Montagabend zunächst im Keller der Bibliothek, einem für Astronomen ungewöhnlichen Versammlungsort - grau ist alle Theorie. Oder? "Wer hier einmal Fuß gefaßt hat, der bleibt", schwärmt Christoph (17), der inzwischen ein Bad Homburger Gymnasium besucht und trotzdem weiterhin regelmäßig zu den Treffen nach Hausen kommt.
Mit 14 Jahren ist Andreas Lorbach das jüngste Mitglied. Aber auch nach dem Abitur halten viele Liebigschüler der Astro-AG Gruppe die Treue. Und Leiter Werner Ziegs schaffte es, obwohl er jahrelang beruflich zwischen Moskau, Oslo und den USA hin- und herjettete, kaum einen der Montagabende ausfallen zu lassen. "Was diese jungen Leute von vielen ihrer Mitschüler unterscheidet, ist ihre Begeisterung und ihr freiwilliges Engagement, mehr zu tun, als immer nur die Pflichtübungen zu erfüllen", sagt Ziegs. Ein lautes Rufen vom Dach: "Er ist da!", und die Gruppe stürmt nach oben. Das Teleskop wird ausgefahren, das Fernglas justiert, mancher schaut auch mit bloßem Auge in den Himmel. Drei Wochen lang, schätzen die Hobby-Astronomen, wird der Komet noch am Frankfurter Himmel zu sehen sein. "Und wir waren dabei", sagen die Schüler stolz. Auch wenn für sie Halo-Bopp nichts anderes als eine Gaswolke, ein Sternensplitter ist und keine schicksalsweisende Himmelsmacht, leuchten ihre Augen dabei auf, als offenbare ihnen der Nachthimmel ein helleuchtendes Wunder.
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Bericht aus der Frankfurter Neue Presse vom 25. April 1997 Text: Barbara Goldberg |